Große Schritte
Frauen dürfen seit 1919 wählen und gewählt werden. Vor 125 Jahren durften erstmals in Deutschland auch Frauen studieren. Mit Beginn des Nationalsozialismus traten die meisten errungenen Frauenrechte wieder außer Kraft, ihre Aufgabe war es, vor allem Hausfrau und Mutter zu sein. Seit 1949 ist die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Grundgesetz verankert. Artikel 3 Absatz 2 besagt: „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“. Schwangere Frauen und berufstätige Mütter sind gesetzlich geschützt. Das „Gesetz zum Schutz der erwerbstätigen Mutter“ trat 1952 in Kraft.
Bis 1958 konnte ein Ehemann das Dienstverhältnis seiner Frau entscheiden – das heißt, es lag bei ihm, ob sie arbeiten durfte und wenn er seine Meinung ändern sollte, konnte er auch jederzeit das Arbeitsverhältnis seiner Frau kündigen. Auch das änderte sich mit dem Gleichberechtigungsgesetz von 1958. Aber: Noch bis 1977 durfte eine Frau in Westdeutschland nur dann berufstätig sein, wenn das „mit ihren Pflichten in Ehe und Familie vereinbar“ war. Aufgaben im Haushalt und in der Kindererziehung waren also klar der Frau zugeordnet.
Tippelschritte
In Deutschland sind mittlerweile an Hochschulen Frauen in der Mehrzahl.
Frauen sind zunehmend in der Arbeitswelt vertreten, doch liegt in Deutschland der Anteil der Frauen in Führungspositionen unter dem der Männer. Die Balance zwischen Beruf und Familie ist für viele Frauen eine Herausforderung. Obwohl es Fortschritte bei der Schaffung von familienfreundlichen Arbeitsplätzen gibt, sind Frauen stärker von Teilzeitarbeit betroffen, was sich auf ihre Karrierechancen und Rentenansprüche auswirkt.
Frauen sind politisch aktiv und gestalten mit, dennoch sind sie in vielen politischen Gremien weiterhin unterrepräsentiert. Politische Karrieren starten in der Regel mit politischen Engagement auf kommunaler Ebene, dies ist mit einem Mehr an Zeit verbunden. Eine Vereinbarkeit von Beruf, Familie und politischen Ehrenamt ist so nur schwer möglich. Nach wie vor sind Frauen mit offenen oder auf den ersten Blick schwer zu durchschaubaren Diskriminierungen konfrontiert: Sie werden häufiger unterbrochen und ihre Redebeiträge werden als weniger wichtig angesehen.
Frauen haben das Recht auf Schutz vor Gewalt. Das Gewaltschutzgesetz in Deutschland wurde 2002 eingeführt, um den Schutz von Personen, die von Gewalt betroffen sind, insbesondere von Frauen und Kindern, zu verbessern. Über zwanzig Jahre später, am 14.Februar 25 stimmte der Bundesrat dem Gewalthilfegesetz zu. Dies stellt erstmals bundesgesetzlich sicher, dass gewaltbetroffene Frauen einen kostenfreien Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung haben.
Geschlechtsspezifische und häusliche Gewalt, insbesondere gegen Frauen zieht sich durch alle sozialen Schichten. Im Lagebericht der Bundesregierung spricht von 360 Femiziden, Mädchen und Frauen, die durch ihren Partner getötet werden.
Der Kreis Ludwigsburg stellt mit 19 Plätzen im Frauenhaus nicht einmal die Hälfte der Plätze vergleichbarer Kreise zur Verfügung. Schon seit Jahren fordert der Verein Frauen für Frauen ein weiteres Frauenhaus, machten sich für einen Standort stark. Nach Aktionen der Grünen Jugend und den Jusos, Gesprächen mit Mitgliedern der Kreistagsfraktionen wie Landtagsabgeordneten initiierte die Grüne Kreistagsfraktion einen interfraktionellen Verwaltungsantrag, um das Thema weiter voranzubringen. In den Haushaltsreden konnte manche Zustimmung herausgehört werden. In der Januarsitzung teilte Landrat Allgaier mit, dass dem Vorschlag von Frauen für Frauen gefolgt wird und der Verein auf dem weiteren Weg Unterstützung erhält.
Rolle rückwärts ?!
Im Kreistag von Ludwigsburg sind 23% Kreisrätinnen vertreten, hier ist der Anteil bei Bündnis90/Die Grünen mit 63% am höchsten.
Mit der Wahl zum Bundestag 2021 nahm der Anteil von Frauen wieder leicht zu und betrug knapp 35%. Nach der diesjährigen Wahl besteht der Deutsche Bundestag aus insgesamt 630 Abgeordneten.Davon sind 204 Frauen, was einem Anteil von 31% entspricht. Dies bedeutet, dass Frauen im neuen Bundestag weiterhin in der Minderheit sind. Der Frauenanteil ist bei Bündnis 90/Die Grünen mit 61 % am höchsten, bei der AfD ist der Frauenanteil mit 11 % am niedrigsten. Das heißt im Klartext, jede Bundestagsabgeordnete muss für annähernd zwei Frauen sprechen/abstimmen.
Es gibt die großen Schritte, die Tippelschritte und die Rolle rückwärts und damit anhaltende Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Der Einsatz für Gleichstellung und die Bekämpfung von Diskriminierung bleibt entscheidend, um eine gerechtere Gesellschaft für alle Geschlechter zu schaffen.
Text: Karin Lakotta für die Kreistagsfraktion GRÜNE